Märchen- und Sagenroute (Hess. Radfernweg R4)

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üchtern betrachtet ist der Hessische Radfernweg R4 mit rund 415 km der längste der neun nummerierten Radfernwege des Landes und führt einmal längs durch Hessen. Deshalb wird er häufig – nicht minder sachlich – als Nord-Süd-Radweg bezeichnet. Wer etwas romantischer veranlagt ist, der wird die Begriff Märchen- und Sagenroute sehr viel lieber mögen, denn auf dem R4 radelt man durch das Land der Brüder Grimm. Die beiden in Hanau geborenen Sprachwissenschaftler und Volkskundler Jacob  und Wilhelm Grimm waren im 19. Jahrhundert durch die Lande gewandert und hatten unterwegs mündlich überlieferte Geschichten, Sagen und Mythen gesammelt, die sie dann als Märchensammlungen veröffentlichten. Viele der von ihnen überarbeiteten Geschichten wurden weltberühmt. Und hier haben sich einige von ihnen zugetragen: Auf der Trendelburg ließ die wirkliche Rapunzel ihr goldenes Haar hinunter. Auf der Sababurg im einsamen Reinhardswald schlief das originale Dornröschen 100 Jahre lang, ehe sie vom Prinzen endlich wachgeküsst wurde und in der Schwalm lief das wahre Rotkäppchen (und natürlich auch der böse Wolf) durch den düsteren unheimlichen Wald! Und im Odenwald, wo die Streckenführung endet, nahm die Nibelungensage, die allerdings nichts mit den Brüdern Grimm zu tun hat, ihre entscheidende Wendung, als Hagen von Tronje den Held Siegfried hinterrücks ermordete – so man an solche Erzählungen glaubt. Aber Märchen beflügeln unsere Phantasie und selbiges tat die Landschaft mit den hier lebenden Menschen, die diese Geschichten über Generationen weitertrugen. Und sind die Erzählungen nicht wahr, sind sie dennoch gut erfunden – und spannend allemal!

Aber um wieder sachlich zu werden: Der R4 beginnt in Bad Karlshafen an der Weser und führt dann über die malerischen Flusstäler von Diemel, Esse, Warme, Schwalm und Nidda zum Main. Dabei geht es durch den Habichtswald, die Schwalm, vorbei am Vogelsberg, durch die Wetterau und südlich vom Main durch den Rodgau und über die Höhen des Odenwaldes bis zum Neckar. Immer wieder werden auf der Route sehenswerte historische Städte und Fachwerkdörfer durchfahren.


Bad Karlshafen, wo der Radfernweg startet, ist schon das erste Highlight auf der Strecke, denn die Stadt sollte im 18. Jahrhundert zu einer wichtigen Fabrik- und Handelsstadt werden. Im barocken Stil wurde eine neue repräsentative Innenstadt gebaut. Es wurde zwar längst nicht die gesamte Planung in die Realität umgesetzt, doch die fertig gestellte Stadtanlage mit seinen gleichförmig angeordneten Straßenzügen ist bis heute weitgehend erhalten geblieben. Am Hafenbecken endet auch der Landgraf-Carl-Kanal, der einmal die Weser mit Kassel verbinden sollte. Aber auch diese Planungen wurden nur zum Teil ausgeführt. Als der Landgraf 1730 verstarb, wurde der Bau des Kanals unvollendet eingestellt.

Das Dornrösschenschloss, die Sababurg, liegt leider nicht direkt am R4, ist aber über den geschotterten Reinhardswald-Radweg recht schnell zu erreichen. Dafür geht es aber direkt an Rapunzel’s Trendelburg vorbei.

In der Region des Vogelsberges gibt es einige starke Steigungen zu bewältigen, wie auch hinter Alsfeld, wenn es hoch nach Ulrichstein, der höchstgelegenen Stadt Hessens geht. Als Lohn wartet auf den Kletterer ein spektakulärer Blick über das weite Umland.

Mit Hofgeismar, Wolfhagen, Naumburg, Alsfeld, Schotten, Nidda, Großumstadt, Michelstadt mit seinem berühmten Rathaus und Erbach werden mehrere hübsche historische Städte durchfahren, die allesamt zu einer kleinen Rast einladen. Besonders sehenswert ist die Domstadt Fritzlar, die das älteste Rathaus Deutschlands besitzt.

Im Odenwald wird es wieder recht bergig, ehe der Radweg am Neckar in Hischhorn an Grenze zu Baden-Württemberg endet.

Als Wegweiser dienen die standardisierten weißen Schilder mit dem hessischen Landeswappen und der grünen Bezeichnung ‚R4‘. Für die Pflege der Hessischen Radfernwege zeichnet sich die HA Hessen Agentur GmbH verantwortlich.

Charakteristik:

Der Hessische Radfernweg R4 gilt vom Schwierigkeitsgrad als mittelschwer, denn es gibt immer wieder recht bergige Abschnitte. Generell befinden sich die größten Steigungen in Nordhessen im Vogelsberg sowie im Odenwald. Zwischen Alsfeld und dem Luftkurort Schotten gibt es auf 20 km eine lang gezogene Steigung. Neben starken Anstiegen am Vogelsberg erfordern insbesondere die Berge im Odenwald eine ordentliche Kondition. Ansonsten verläuft die Wegführung überwiegend auf verkehrsarmen und abgelegenen Wegen. Mehr als 60% der Route sind asphaltiert, allerdings gibt es auch immer wieder gekieste oder naturbelassene Abschnitte, die das Befahren mit schmalen Reifen schwierig machen.

Die Verkehrsbelastung ist überwiegend gering, auch wenn zwischendurch längere Abschnitte auf Kreis- und Landstraßen zurückzulegen sind.

Im Vogelsberg verkehren zwei Buslinien entlang des R4, bei denen eine Fahrradmitnahme im Anhänger möglich ist.

 

Ortschaften entlang der Route

Bad Karlshafen / Trendelburg / Hofgeismar / Zierenberg / Habichtswald / Wolfhagen / Naumburg (Hessen) / Fritzlar / Wabern / Borken (Hessen) / Bad Zwesten / Neuental / Schwalmstadt / Willingshausen / Schrecksbach / Alsfeld / Schwalmtal / Feldetal / Lautertal (Vogelsberg) / Ulrichstein / Schotten / Nidda / Ranstadt / Florstadt / Niddatal / Wöllstadt / Karben / Niederdorfelden / Maintal / Mühlheim am Main / Offenbach am Main / Obertshausen / Heusenstamm / Rodgau / Babenhausen / Dieburg / Gross-Umstadt / Otzberg / Höchst im Odenwald / Bad König / Michelstadt / Erbach (Odenwald) / Beerfelden / Rothenberg / Hirschhorn (Neckar)

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Bad Karlshafen

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ie Kurstadt Bad Karlshafen liegt im nördlichen Hessen direkt an der Mündung der Diemel in die Weser. Seit 1977 trägt die Stadt den Namenszusatz ‚Bad’. Bad Karlshafen bietet ein modernes Kurzentrum und ein 1986 neu errichtetes Sole- und Gradierwerk. Der Stadtteil Bad Karlshafen wurde 1699 als Ansiedelung für einige Hugenotten gegründet, die aus ihrer Heimat Frankreich zuvor geflüchtet waren. Ehrgeizige Planungen zufolge wollte man den Ort im Wesertal zur Fabrik- und Handelsstadt ausbauen. Der Landgraf-Carl-Kanal sollte von hier aus die Weser mit Kassel verbinden, doch das Projekt wurde nur teilweise realisiert und niemals fertig gestellt. Aber die barocke Stadtanlage mit seinem Hafen, dem imposanten Rathaus und seiner symmetrischen Strassenführung zeugen noch heute von diesen historischen Planungsansätzen.
Der Luftkurort Helmarshausen als Stadtteil im Süden ist ungleich älter als das Soleheilbad Bad Karlshafen. Bereits im Jahre 997 wurde hier eine Benediktinerabtei gegründet. Die Mönche waren berühmt für ihre kunstvollen Buchillustrationen, ihre romanische Wand- und Glasmalerei sowie ihre Goldschmiedekunst.
Das Weserbergland der Umgebung lädt mit seinen Sandsteinklippen zu ausgedehnten Spaziergängen und Wanderungen ein. Insbesondere die Hessischen Klippen mit ihrem 205 m hohen Kaiserstein und die Hannoverschen Klippen mit ihrem imposanten Weser-Skywalk, der einen großartigen Ausblick über das Wesertal bietet, lohnen einen Besuch.

Sehenswertes:

Karlstadt sollte im 18. Jahrhundert zu einer wichtigen Fabrik- und Handelsstadt werden. Im barocken Stil wurde eine neue repräsentative Innenstadt gebaut. Es wurde zwar längst nicht die gesamte Planung in die Realität umgesetzt, dennoch wurde schon ein wesentlicher Teil davon fertig gestellt. Dabei wurden in strenger Symmetrie ungefähr 120 Häuser in Carrés geordnet. Diese Stadtanlage mit seinen gleichförmig angeordneten Straßenzügen ist bis heute weitgehend erhalten geblieben.

Am zentralen Hafenbecken liegt das prächtige Rathaus, das allerdings ursprünglich zwischen 1715 und 1718 als Packhaus und Lager erbaut wurde. Im barocken Landgrafensaal im oberen Stockwerk empfing der Landgraf einst seine Besucher. Dem Erdgeschoss ist ein Laubengang vorgelagert. Das Glockenspiel im Rathaustürmchen lässt vier Mal am Tage verschiedene Melodien erklingen. Noch heute sitzt hier die Stadtverwaltung, aber auch die Kur- und Touristikinformation.

Das Invalidenhaus war das erste öffentliche Gebäude Karlshafens. Es wurde zwischen 1704 und 1710 als Altersruhesitz für Soldaten der hessischen Armee erbaut.

Am Hafenbecken endet auch der Landgraf-Carl-Kanal, der einmal die Weser mit Kassel verbinden sollte. Die Planungen wurden allerdings nur zum Teil ausgeführt. Als der Landgraf 1730 verstarb, wurde der Bau des Kanals eingestellt.

Als Hugenotten bezeichnet man eine Gruppe von französischen Protestanten, die stark durch die Glaubenslehre Johannes Calvins beeinflusst waren. Seid dem 16. Jahrhundert wurden sie durch die katholische Kirche stark unterdrückt. Den brutalen Höhepunkt ihrer Verfolgung erlebten die Hugenotten gegen Ende des 17. Jahrhunderts unter König Louis XIV. Etwa 250.000 Hugenotten flohen aus Frankreich in die umliegenden Länder. Einige von ihnen ließen sich auch im heutigen Bad Karlshafen nieder und gelten als die ersten Einwohner der Stadt. Das Hugenottenmuseum geht auf die Geschichte dieser Glaubensgruppe ein, beschreibt ihre Flucht und ihre Neuansiedelung in Deutschland. Das Museum befindet sich in einer ehemaligen Zigarrenfabrik in der historischen Innenstadt. Hier ist heute auch die Genealogische Forschungsstelle untergebracht.

Bereits im Jahre 997 wurde die Benediktiner-Abtei in Helmarshausen gegründet.. Im Mittelalter erwarben sich die Mönche einen hervorragenden Ruf in der Buchmalkunst, der romanischen Wand- und Glasmalerei sowie in der Goldschmiedekunst. Hier entstand auch das berühmte Evangeliar Heinrichs des Löwen. Die Werke der Künstlermönche aus Helmarshausen sind in bedeutenden europäischen Museen vertreten. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster bereits 1538 aufgelöst.

Im Jahre 1965 baute die Evangelische Kirchengemeinde das ehemalige Klostergelände zu einem Jugendzentrum und Kindergarten um. Der Grundriss der Klosterkirche wurde auf dem Boden erkennbar gemacht.

Von der ehemals stolzen Krukenburg ist heute nur noch eine Ruine erhalten. Einige Mauerreste erinnern noch an die ehemals wehrhafte Kirchenburg oberhalb von Helmarshausen, die zwischen 1215 und 1220 um die bereits 1107 erbaute Johanneskapelle errichtet wurde. Heute noch erkennt man die Rotunde der romanischen Kirche, die früher einmal eine Kuppel besessen hatte. Sie wurde nach dem Vorbild der Kirche in Jerusalem erbaut und gilt als das am besten erhaltene Beispiel einer Jerusalemkirche nördlich der Alpen. Neben den Überresten der Johanniskapelle sieht man noch Teile eines Wohngebäudes, des so genannten Paderborner Hauses, die Kellerräume des Abthauses sowie den begehbaren Bergfried. In der Krukenburg lebten damals sowohl kirchliche Würdenträger als auch weltliche Machthaber nebeneinander. Nachdem die Burg an den Landgrafen von Hessen gefallen war, wurden die meisten Gebäude der Höhenburg im 16. Jahrhundert abgerissen. Erst im 20. Jahrhundert begann man mit der Beseitigung der Schuttmassen und der Sanierung und Sicherung des noch erhaltenen Bestandes.

Neben der Krukenburg wurde 1985 ein privates Museum eröffnet, dass sich mit der Geschichte der Burganlage sowie mit der mittelalterlichen Kunst der Benediktinermönche des Klosters Helmarshausen beschäftigt. Die Mönche besaßen im Mittelalter einen bedeutenden Ruf als Maler und Kunsthandwerker. Von ihnen stammen berühmte Buchillustrationen. Sie waren bekannt für ihre hervorragende romanische Wand- und Glasmalerei. Die Ausstellung präsentiert einige Faksimileseiten dieser wertvollen Buchmalkunst. Das Museum ist einem Café angegliedert.

Im Alten Rathaus von Helmarshausen ist heute ein Museum eingerichtet, in dem der Heimatverein Helmarshausen die Geschichte des hiesigen ehemaligen Klosters dokumentiert. Die ständige Ausstellung beschäftigt sich insbesondere mit der Buchmalerei im Mittelalter, denn die Benediktinermönche des Klosters waren bedeutende Maler und Kunsthandwerker. Zum Inventar gehört das berühmte Evangeliar Heinrichs des Löwen, das um 1185 entstand.

Am Südhang der Weser, oberhalb der Mündung des Flusses Diemel in die Weser, befinden sich eine Ansammlung von mehreren Klippen aus Buntsandstein. Allerdings wurde dieses Gebiet seit den 1960er Jahren stark aufgeforstet, so dass die Steinklippen nicht mehr so deutlich zu sehen sind. Verschiedene kleine Wanderwege führen durch die Klippen und bieten zum Teil spektakuläre Blicke über das Wesertal und die Stadt Karlshafen. Die höchste Erhebung der Hessischen Klippen ist der Kaiserstein mit einer Höhe von 205 m.

An einem dieser steilen Berghänge steht der Hugenottenturm. Er wurde 1913 im Auftrag von Johann Joseph Davin, einem erfolgreichen Kaufmann aus Bremen, erbaut. Seine Vorfahren waren einst als Hugenotten aus Frankreich geflohen und fanden im damaligen Carlshaven ein neues Zuhause.

Im Bereich des Sollings zwischen Bad Karlshafen und Trendelburg gibt es ein besonders hohes Aufkommen von Buntsandstein, auch Wesersandstein genannt. Das Gestein entstand vor ungefähr 250 Mio. Jahren durch die Verfestigung von Flusssand. Man unterteilt das hiesige Sandsteinvorkommen in den Roten Wesersandstein, der im Bereich von Bad Karlshafen vorkommt, und den Grauen Wesersandstein, der bei Trendelburg zu finden ist. Erst seit dem 19. Jahrhundert wurde das Material in Steinbrüchen abgebaut. Doch schon zuvor wurde der Wesersandstein als Baumaterial genutzt. Damals wurden Steingruben angelegt, und der Buntsandstein wurde nahe des zu bauenden Gebäudes gewonnen. Die Steinbrüche brachten später aber eine weitaus höhere Qualität des Steinmaterials. Noch heute sind mehrere Steinbrüche in der Umgebung von Bad Karlshafen in Betrieb.

Hoch über der Weser und der Diemelmündung bei Bad Karlshafen wurde nahe der Krukenburg am Carlsplatz ein Besuchersteinbruch eingerichtet. Noch bis in die 1950er Jahre wurde an diesem Ort Wesersandstein abgebaut. Heute wird hier anhand von Schautafeln und originalen Gerätschaften anschaulich gezeigt, wie die Gewinnung und die Verarbeitung des Buntsandsteins im 19. und 20. Jahrhundert vor sich ging.

Im hessischen Bad Karlshafen, nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen, mündet mit der Diemel der südlichste der größeren Weserzuflüsse in die Oberweser. Am Fuße der Hessischen Klippen unterhalb des Hugenottenturms beendet die Diemel nach 110 Kilometern ihre eigenständige Reise. Auf dieser Strecke verlor der Fluss eine Höhe von 570 Metern. Eine Terrassenplattform erlaubt einen Blick auf die Mündung des linken Nebenflusses in die Weser.


Radrouten die durch Bad Karshafen führen:

Weser-Radweg
Diemelradweg
Fulda-Radweg
Märchen- und Sagenroute (R4)
Kloster-Garten-Route




Trendelburg

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och über dem reizvollen Diemeltal thront die Burg Trendelburg. Die Stadt schließt sich direkt unterhalb der Burg am Berghang an. Die aus dem 13. Jahrhundert stammende Festung ist nicht nur das Wahrzeichen von Trendelburg, sie wird auch dem bekannten Märchen ‚Rapunzel’ zugeordnet. Somit ist Trendelburg auch Teil der Deutschen Märchenstrasse.
Die vielen Fachwerkhäuser in der Altstadt versprühen einen gemütlichen Charme. Bereits seit 1464 besitzt Trendelburg das Stadtrecht. Die Umgebung mit dem angrenzenden Reinhardswald lädt zu ausgedehnten Ausflügen und Radwanderungen ein.  Sehenswert ist das Wasserschloss Wülmersen mit seinem Landmuseum. Eine geologische Besonderheit sind die beiden ‚Wolkenbrüche’ östlich des Stadtgebietes. Die Krater entstanden vor langer Zeit durch eingebrochene unterirdische Hohlräume.

Sehenswertes:

Hoch über dem idyllischen Diemeltal, oberhalb der Stadt, thront die Burg Trendelburg. Hier spielt das Märchen ‚Rapunzel’ und damit ist Trendelburg Teil der Deutschen Märchenstrasse.

Die Höhenburg lag bei ihrer Entstehung an exponierter Stelle über einer Diemelfurt, wo sich mehrere wichtige Handelsstraßen kreuzten. Von drei Seiten fallen steile Sandsteinhänge von der Burg ab. An der vierten Seite schließt sich die Stadt an, die ehemals mit der Burg durch eine hölzerne Zugbrücke verbunden war. Die Burg mit ihren 38 Meter hohen Bergfried ist schon von weitem zu sehen. Erbaut wurde sie zwischen 1249 und 1311. Mitte des 15. Jahrhundert fiel sie mitsamt der Stadt an Hessen. Landgraf Carl baute die Höhenburg im 18. Jahrhundert zu einem Jagdschloss um, doch bereits im Siebenjährigen Krieg (1756 – 63) wurde die Festung wieder stark beschädigt. In der Folgezeit verlor die Burg Trendelburg ihre strategische Bedeutung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie zu einem Hotel und Restaurant umgebaut.

Nachdem Mitte des 15. Jahrhunderts zwei verheerende Stadtbrände Trendelburg stark in Mitleidenschaft gezogen hatten, wurde das Rathaus neu erbaut. Der dreistöckige Fachwerkbau besitzt ein markantes gotisches Eingangstor. An seiner Fassade prangt das Wappen der Stadt und eine Sonnenuhr von 1582, die sich ursprünglich aber an der Gerichtslinde befunden hatte. Das historische Rathaus diente als Sitz des Bürgermeisters, besaß aber auch ein Gefängnis und beherbergte die Feuerwehr. Auch heute noch befindet sich hier die Verwaltung Trendelburgs.

Gleich neben dem Rathaus befindet sich ein alter Windebrunnen. Er stammt noch aus dem Mittelalter, wurde inzwischen aber verfüllt.

Teile der ehemaligen Marienkirche in Trendelburg stammen noch aus dem 14. Jahrhundert. Zwei Stadtbrände hatten aber die Kirche soweit zerstört, dass sie im 15. Jahrhundert als dreischiffige Hallenkirche im gotischen Stil wieder neu auf- und ausgebaut wurde. Die markante Laternenhaube des Turmes entstand erst 1789. Bei umfangreichen Renovierungsarbeiten im 20. Jahrhundert wurden alte Wandmalereien freigelegt, die zuvor unter weißer Farbe verborgen waren. An der hinteren Kirchenwand befindet sich die 1578 gefertigte Grabplatte des Ernst Hans von Stockhausen. Die Erbgruft des Adelsgeschlechtes derer von Stockhausen hatte sich in der Sakristei befunden. Sie wurde aber inzwischen aufgelöst. Im Zuge der Reformation wurde das Gotteshaus evangelisch und dient heute als Pfarrkirche.

Das Barockschloss in der Flussniederung der Diemel wurde zwischen 1766 und 1773 als Ersatz für eine Wasserburg erbaut. Bereits 1429 wurde die Burganlage als Familiensitz der Herren von Pappenheim erstmals urkundlich erwähnt. Das heutige dreistöckige Herrenhaus mit seinem Mansardenwalmdach und seinem wuchtigen dreiachsigem Mittelrisaliten liegt in einem kleinen Park und wird seit den 1960er Jahren als Seniorenheim genutzt.

Mit dem Begriff ‚Mikwe’ bezeichnet man ein jüdisches Tauchbad, in dem sich die Gläubigen von ritueller Unreinheit säubern. Das Mikwe in Trendelburg stammt wohl noch aus dem Mittelalter und besteht aus einem Gewölbe und zwei Räumen: einem Vorratskeller und dem etwas kleineren Badehaus. Das darin befindliche Becken wurde mit Regen- bzw. Quellwasser befüllt und befand sich im Kellergeschoss eines Fachwerkhauses, welches im 19. Jahrhundert einem Brand zum Opfer fiel. Der Eingang zum Ritualbad wurde danach zugemauert. Die in dem neu errichteten Haus lebende jüdische Familie musste aufgrund der antisemitischen Situation in den 1930ger Jahren ihre Bleibe verlassen und so geriet das Mikwe in Vergessenheit. Erst bei Umbauarbeiten im Jahre 2001 wurde es wiederentdeckt und kann heute zu den Öffnungszeiten des Tourismusbüros besichtigt werden.

Am Nordwestrand des Reinhardswaldes befindet sich die Ortschaft Wülmersen und das gleichnamige ehemalige Wasserschloss. Obwohl die Wassergräben inzwischen längst verschüttet sind, ist der Begriff ‚Wasserschloss’ immer noch gebräuchlich. Das Rittergut wurde von 1330 bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Herren von Stockhausen bewirtschaftet. Leider setzte im 20. Jahrhundert ein starker Verfall der mittelalterlichen Gebäude ein, da diese Jahrzehnte lang leer gestanden haben. Der Verein ‚Aus- und Fortbildungsverbund (AuF) im Landkreis Kassel e.V.’, dessen Ziel es ist, jungen Menschen eine berufliche Qualifizierung im Rahmen der Denkmalpflege zu ermöglichen, nahm sich des Gutshofes an und rekonstruierte das historische Ensemble. 1989 erhielt der Verein den Hessischen und 2000 den Deutschen Preis für Denkmalschutz. Seit 2005 betreibt hier der Landkreis Kassel Werkstätten für Jugendliche. Darüber hinaus wurde im Schloss ein Landmuseum eingerichtet. Auch ein öffentlicher Gruppencampingplatz gehört zum Areal.

Etwas östlich von Trendelburg liegen versteckt im Wald zwei durch Erdfälle entstandene Einsturztrichter. In mehr als 1000 Metern Tiefe wurden Zechsteinsalze aus den Bodenschichten ausgewaschen, so dass große Hohlräume entstanden. Irgendwann gaben diese Höhlungen den darüber liegenden Sandsteinschichten nach und es bildeten sich zwei Trichter, die heute als Naturdenkmäler geschützt sind.

Der Nasse Wolkenbruch ist der größere der beiden Erdtrichter. Er besitzt einen Durchmesser von ungefähr 150 Metern. Im unteren Teil hat sich ein 60 Meter breiter See gebildet, der ungefähr 1/3 des Kraters ausfüllt. Die gesamte Vertiefung mißt eine Tiefe von 40 bis 50 Metern. Der See ist in der Mitte über 15 Meter tief. Die Höhe des Wasserspiegels variiert allerdings mit 6 Metern sehr stark.

Keinen halben Kilometer entfernt befindet sich westlich von seinem großen Bruder der etwas kleinere Trockene Wolkenbruch. Dieser mißt einen Durchmesser von 70 Metern und besitzt eine Tiefe von 23 Metern. Er ist – dem Namen entsprechend – nicht mit Wasser gefüllt.

 

Hinter der Szenerie: Die Sage von Trendula und der Entstehung des Nassen Wolkenbruches

Der Riese Kruko hatte einst drei Töchter: Saba, Brama und Trendula. Sie lebten alle im Reinhardswald. Während sich Saba und Brama zu netten Riesinnen entwickelt hatten, war Trendula, auf dessen Name die Stadt Trendelburg zurückgeht, gemein, eifersüchtig und missgünstig. Eines Tages, als Saba und Brama ihren Vater besucht hatten und sich darauf auf den Heimweg machten, lauerte Trendula ihren beiden Schwestern auf. Tagelang hatte es bereits geregnet, und überall hatte sich große Pfützen gebildet. Als die beiden Schwestern die versteckte Trendula passierten, sprang Trendula aus dem Hinterhalt und brachte Brama heimtückisch um. Da zog ein Gewitter auf und ein gewaltiger Blitz erschlug die Meuchelmörderin auf der Stelle. Der Boden öffnete sich unter tosendem Donnergrollen und Trendula wurde von der Erde verschlungen. Zurück blieb ein riesiger Krater, der sich sogleich mit dem Regenwasser der letzten Tage füllte. Seit dieser Zeit wird dieser Trichter ‚Nasser Wolkenbruch’ genannt.

In der ehemals landgräflichen Wassermühle an der Diemel befinden sich heute ein Museum mit einer Heimatstube sowie ein gemütliches Café. Bereits 1455 ist hier eine Mühle belegt. Die heutigen Mühlengebäude entstanden zwischen 1591 und 1626. Das Mühlenrad trieb die so genannte Wasserkunst an. Sie versorgte die 70 Meter höher auf einem Berg gelegene Stadt Trendelburg mit dem Wasser aus dem Fluss. Zu der Mühlenanlage gehörte einst auch eine Brotfabrik.

Der Landgraf-Carl-Kanal sollte einmal die Weser mit Kassel verbinden, um den Güter- und Handelsverkehr zu fördern. Die ehrgeizigen Planungen wurden allerdings nur zu einem geringen Teil ausgeführt. Als Landgraf Karl von Hessen-Kassel 1730 verstarb, wurde der Bau des Kanals eingestellt. Hinter der Diemelmühle befindet sich mit der Schleuse noch ein gut erhaltenes Relikt dieser Kanalruine.


Radrouten die durch Trendelburg führen:

Diemelradweg
Fulda-Radweg
Märchen- und Sagenroute (R4)
Kloster-Garten-Route